1,17 „Zu unterst der Alte“

Drucken

Ein mir noch dunkler Text, der Hoffnung und Licht auf die Herkunft legt. Rilke deutet an, dass das Heil aus dem Wurzelbereich in der Tiefe der menschlichen Existenz komme. Das zweite Quartett füllt diesen Bereich mit Inhalten aus. Das erste Terzett bringt es auf den Punkt: Einen gibt es doch, den Gott mit der Leier. Auf ihn konzentrieren sich die Hoffnungen Rilkes für ein neues Leben.

Wie auch immer der Sinn dieses Sonetts noch genauer zu füllen sein mag; die „Kommentierte Ausgabe“ bietet weitere Hinweise an; demnach wäre „der Alte“ Boas aus dem Alten Testament, der in einer Vision seinen ganzen Stammbaum sah. Mich beschäftigt aber mehr die Form. Dieser Text wartet mit einem anderen Ton auf, der auf das neunte Sonett „Nur wer die Leier schon hob / auch unter Schatten“ zurück weist. Das neunte Sonett hat einen anderen Ton als die vorhergehenden Texte angeschlagen. Wie die KA zu recht vermutet, ist der Ton des Orpheus, der auf diese Weise auch formal herausgestellt wird. Die Veränderung in der Handhabung des Sonetts besteht in der geringeren Zahl der Hebungen. Statt fünf Hebungen im 1. Vers sind es nur drei; und der 2. Vers schließt mit 2 Hebungen an. Das 17. Sonett nimmt diesen Ton wieder auf, und hält ihn in den drei folgenden Sonetten durch. Erst im 19. Sonett mit seiner zentralen Botschaft nimmt er diesen Ton wieder für Orpheus auf. Die beiden Sonette 17 und 18 verwenden ihn, um das mechanische Denken der Gegenwart anzuprangern.


© Johannes Heiner, November 2012

<< zurück